Zweites Arud Symposium liefert neue Erkenntnisse zu Harm Reduction mit E-Zigaretten und ihrem effektiven Einsatz gegen die Tabakabhängigkeit der Bevölkerung
100 Teilnehmer:innen aus Suchtforschung, Politik, Medizin, Prävention, Journalismus, Wirtschaft und der Vaper-Community haben sich bei der Veranstaltung am 11.11.2021 mit den neusten wissenschaftlichen Fakten zum Thema E-Zigarette und ihrer Rolle in der Rauchentwöhnung auseinandergesetzt.
Organisiert wurde die Veranstaltung von Dr. Philip Bruggmann, Chefarzt vom Arud Zentrum für Suchtmedizin, Prof. Dr. Oliver Senn, stellvertretender Leiter am Institut für Hausarztmedizin am Universitätsspital Zürich und Prof. Dr. Heino Stöver, geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied Sciences (ISFF).
Evidenzen klar für Einsatz von Alternativprodukten wie E-Zigaretten
Die Veranstalter zeigten sich im Anschluss des Symposiums hoch zufrieden mit den präsentierten Ergebnissen der Referent:innen: «Wir sehen im Bereich der Tobacco Harm Reduction nicht nur ein dynamisch wachsendes Forschungsfeld, sondern auch einen festen Boden an Evidenzen, der klar für den Einsatz von Alternativprodukten wie E-Zigaretten und Tabakerhitzern bei der Rauchentwöhnung spricht. Das hat die heutige Veranstaltung noch einmal unter Beweis gestellt.»
Nicht ungewöhnlich für die drei Suchtforscher ist es, bei den Veranstaltungen auch Konsument:innen und Vertreter:innen aus der E-Zigarettenbranche zu Wort kommen zu lassen. Schließlich beraten diese in vorderster Reihe die umstiegswilligen Raucher:innen.
Zuerst Rauchverhalten analysieren, dann umsteigen
So konnte der E-Zigarettenexperte Georges Pisana als erster Referent bereits einen Einblick in die Beratungskompetenz geben, auf die sich Tabakabhängige in seinem E-Zigarettenshop verlassen können: «Ich rate den Raucher:innen einen Schritt nach dem anderen zu gehen und zunächst ihr Rauchverhalten zu analysieren und dann Schritt für Schritt auf risikoreduzierte Alternativen umzusteigen. An einem bestimmten Punkt bleibt dann immer die Lust auf Zigaretten aus. Sie schmecken schlicht nicht mehr.»
Fakten statt Nikotin-Mythen
Prof. Dr. Bernd Mayer, Leiter des Bereichs Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Graz, räumte mit einigen grundsätzlichen Mythen zum Thema Nikotin auf: «Der Umgang mit Nikotin ist völlig ambivalent. Auf der einen Seite soll der Stoff in FDA-geprüften Produkten, wie Nikotinkaugummis, völlig unbedenklich sein. In E-Zigaretten soll das Nikotin aber wiederum höchst suchterzeugend und sogar tödlich sein. Um es klar zu sagen: Es gibt keine Hinweise darauf, dass Nikotin das Risiko für kardi-ovaskuläre Erkrankungen erhöht, weder in Nikotinkaugummis noch in E-Zigaretten.»
Geringeres Suchtpotential und Langzeitfolgen
Dr. med. Tobias Rüther, Oberarzt für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum München kam in seinem Vortrag ebenfalls zu einem klaren Ergebnis: «E-Zigaretten haben vermutlich nicht das gleiche Suchtpotenzial wie Tabakzigaretten. Alle neuen Formen der Nikotinaufnahme sind weniger schädlich als das Rauchen. Kann man mit deren Hilfe aufhören zu rauchen? Vermutlich ja!»
Lungenfacharzt Dr. Thomas Hering äußerte sich zu dem vielfach geäußerten Vorwurf, aufgrund feh-lender Langzeitstudien könne man E-Zigaretten nicht in der Suchttherapie empfehlen: «Potenzielle Langzeitfolgen von E-Zigaretten spielen für schwerstabhängige Raucher:innen keine Rolle, wenn sie kurz davorstehen, ihre gesamte Lungenkapazität zu verlieren. Der weitere Verlust der Lungenkapazität kann jederzeit gestoppt werden, wenn die Patient…innen auf E-Zigaretten umsteigen.»
Regulierte Produkte statt Schwarzmarkt
Abigail S. Friedman, Associate Professor am Department of Health Policy and Management an der Yale School of Public Health, beschäftigte sich insbesondere mit dem Einfluss von Steuern und schärferer Regulierung von E-Zigaretten: «In den Bundestaaten, in denen die Steuern auf E-Zigaretten erhöht wurden, sind die Konsument:innen in den Online- und Schwarzmarkt abgewandert oder haben zur Tabakzigarette gegriffen. Da können geschlossene Systeme ein Vorteil sein, da sie besser zu kontrollieren und manipulationssicher sind. Insgesamt ist die Politik gefordert, die Anreize, auf den Schwarzmarkt auszuweichen, so gering wie möglich zu halten und den Verkauf und Konsum von regulierten Produkten zu fördern.»
Prof. Dr. Jean-François Etter, Professor für Public Health an der Universität Genf, bewertete die immer wieder erhobenen Vorwürfe, E-Zigaretten seien ein «Gateway» in das Rauchen kritisch: «Die meisten E-Zigaretten machen nicht so abhängig, wie es Zigaretten tun. Warum sollte also jemand der gerne dampft, statt zu rauchen, seine Meinung plötzlich ändern. Das ergibt keinen Sinn!»
Auch in der regen Diskussion rund um die Vorträge zeichnete sich der Konsens ab, dass E-Zigaretten nach aktuellem Forschungsstand sowohl aus medizinisch/toxikologischer- wie auch suchttherapeuti-scher Sicht ein geeignetes Mittel sind, um Raucher:innen von ihrer lebensgefährlichen Last zu befreien.
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