Bericht der INHSU 2025 in Kapstadt – Evidenz und Praxisimpulse für die Suchtmedizin
Unser Co-Chefarzt Innere Medizin und Mitgründer der INHSU, Philip Bruggmann, war im Oktober vor Ort. Die zentralen Erkenntnisse der Konferenz sind in diesem Beitrag zusammengefasst.
Neue Forschungsergebnisse und Posterbeiträge unterstrichen, dass integrierte, niedrigschwellige und community-basierte Versorgungsmodelle entscheidend sind, um Menschen mit Substanzgebrauch zu erreichen.
Zentrale Erkenntnisse:
Peer- & Telemedizin-Modelle:
In Studien begannen über 70 % der getesteten Personen innerhalb von zwei Wochen eine HCV-Therapie – doppelt so viele wie in Standardmodellen.
Umfassender Ansatz:
Unser multimethodischer Ansatz umfasst Literaturrecherchen, medizinisches Fachwissen, die Einbeziehung von Fachkollegen und Expertengespräche.
HCV-Community-Test-und-Treat:
Mobile One-Stop-Clinics erzielten Heilungsraten über 90 % – besonders in ressourcenarmen Kontexten.
Frauenspezifische Programme:
Peer- und traumasensible Ansätze steigern die Therapieaufnahme um 30 %.
Gesundheit im Strafvollzug:
Nur 30 % der Länder bieten OAT in Haft an – innovative Teststrategien (POCT, Selbsttests, DBS) zeigen, dass es auch anders geht.
Die Botschaft ist klar: Integration von Suchtmedizin, Infektionsmedizin und sozialer Unterstützung ist keine Vision – sie ist eine dringende Aufgabe!
Über INHSU (International Network on Health and Hepatitis in Substance Users):
Die Arud war Gründungsmitglied, als INHSU 2009 zum ersten Mal in Zürich stattfand. Mittlerweile ist der Anlass zu einer internationalen Konferenz herangewachsen, an der im Jahr 2025 über 500 Personen aus über 50 Ländern teilgenommen haben:
Wissenschaftler:innen, Gesundheitsdienstleister:innen, Public-Health-Fachleute und -Politiker:innen sowie Menschen, die Substanzen konsumieren.
Das Ziel der Konferenz ist es, die Gesundheit von Personen, die Substanzen konsumieren, zu verbessern – mit einem besonderen Fokus auf Infektionskrankheiten wie Hepatitis C und Schäden, die durch den Substanzkonsum entstehen können.
Der nächste INHSU-Kongress findet im Oktober 2026 in Prag statt.
Kooperationspartner:
Hepatitis Schweiz
Folgende Poster der Arud wurden am Kongress präsentiert:
(Download siehe unterhalb)
Poster 1: Integrated Care Approaches for Anabolic Steroid Use Disorder (Zürich)
Das Pilotprojekt in Zürich zeigt, dass integrierte medizinische Versorgung und Drug-Checking-Services für Anabolika-Konsument:innen in der Primärversorgung machbar und sehr akzeptiert sind. Über die Hälfte der analysierten Substanzen war fehldeklariert oder von schlechter Qualität, was das hohe Gesundheitsrisiko und den Bedarf an regulierter, schadensmindernder Betreuung unterstreicht.
Poster 2: Hepatitis B und D in der SAMMSU-Kohorte (Schweizweit)
In der schweizweiten SAMMSU-Kohorte von 1 500 Patient:innen unter Opioid-Agonisten-Therapie sind 27 % ungeschützt gegen Hepatitis B und die Screeningrate für Hepatitis D unter 50 %. Trotz niedriger chronischer HBV-Prävalenz (1,7 %) zeigte sich bei den getesteten Personen eine HDV-Koinfektionsrate von 50 %, was den Bedarf an flächendeckendem Doppel-Reflex-Testing betont.
Poster 3: Trends in OAT and QT Prolongation in the SAMMSU-Cohort (2013–2024)
Zwischen 2013 und 2024 ging der Methadon-Anteil in der OAT um 65 % zurück, während Behandlungen mit Morphin SR und Diacetylmorphin stark zunahmen. Parallel dazu halbierte sich die Prävalenz von QT-Verlängerungen, was auf eine sicherere, diversifizierte Opioid-Agonisten-Therapielandschaft in der Schweiz hinweist.