Vorurteile abbauen, Genesung fördern
9 von 10 Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung erhalten in der Schweiz keine passende Behandlung oder haben keinen Zugang dazu. Dabei wäre dies dringend notwendig, denn diese Versorgungslücke hat gravierende Folgen: für die Betroffenen selbst, aber auch für ihre Familien und die Gesellschaft.
Wir zeigen auf, was die Ursachen für diese Versorgungslücke, den so genannten «Treatment Gap», sind und was sich ändern muss, damit mehr Menschen mit einer Suchterkrankung die Hilfe erhalten, die sie brauchen.
Ursachen erkennen und behandeln
Angststörung, depressive Verstimmung, posttraumatische Belastungsstörung und ADHS treten besonders häufig in Kombination mit einer Abhängigkeitserkrankung auf. Positive Veränderungen des Konsumverhaltens sind oft nur möglich, wenn Begleiterkrankungen erkannt und behandelt werden.
Aus Angst vor Ablehnung und Ausgrenzung oder dem Verlust des Arbeitsplatzes trauen sich viele Menschen nicht, über ihre Probleme zu sprechen oder bagatellisieren sie.
Befähigen statt verurteilen
Eine einfühlsame und unterstützende Haltung ist entscheidend, damit Menschen sich gesehen, respektiert und ermutigt fühlen, die Unterstützung zu suchen, die sie brauchen. Ständig beschuldigt, diskriminiert und ausgegrenzt zu werden, kann bei Betroffenen tiefe Scham- und Schuldgefühle auslösen und den Heilungsprozess ausbremsen oder gar ganz verhindern.
Fachleute sensibilisieren und schulen
Abhängigkeitserkrankungen sind in der Schweiz weit verbreitet. Trotzdem beträgt der Ausbildungsteil über das Thema im Medizinstudium oder in der Pflegeausbildung nur wenige Stunden! So kann es Betroffenen auch dann schwerfallen, über ihre Probleme zu sprechen, wenn das Gegenüber eine Fachperson ist.
Es braucht landesweit ein einheitliches Konzept, um Fachpersonal im Umgang mit Betroffenen zu sensibilisieren und zu schulen, damit Menschen, die dringend Hilfe benötigen, angemessen behandelt werden.
Chance und Rolle der Medien
Werden in den Medien ständig klischeebehaftete Charaktere und Situationen dargestellt – wie beispielsweise verwahrloste, arbeitslose Personen oder betrunkene, schlecht ansprechbare Menschen – kann das die bestehenden Vorurteile verstärken.
Berichterstattungen sollten immer die komplexe Realität der Abhängigkeitserkrankung widerspiegeln und die menschlichen Aspekte der Betroffenen hervorheben. Medienschaffende haben hier eine grosse Chance zur Entstigmatisierung beitragen zu können: einerseits in der Wahl von Personen und Lebensrealitäten, die sie aufzeigen, und andererseits in der Einhaltung einer angemessenen Wortwahl und dem Verzicht auf stigmatisierende Sprache.
Behandlung für alle zugänglich machen
Anerkannte medizinische Therapien müssen laut Schweizer Gesetz allen Einwohner:innen zur Verfügung stehen, aber bis heute ist das noch nicht der Fall. Es braucht Gesetze und Richtlinien, die nicht stigmatisieren und die Gleichbehandlung und den Zugang zu Hilfe und Therapie für alle sicherstellen.
Es braucht uns alle!
Um die Versorgungslücke zu schliessen, sind wir alle gefragt. Es braucht ein gesellschaftliches und politisches Umdenken, damit alle von Abhängigkeit Betroffenen die Unterstützung erhalten, die sie brauchen. Je weniger Vorurteile und Klischees das Thema Abhängigkeit bestimmen, desto eher kann ein Klima geschaffen werden, in dem sich Betroffene trauen, die Hilfe in Anspruch zu nehmen, die sie benötigen.
Alle Illustrationen ©Benjamin Hermann
Das Poster zum Jahresrückblick 2023
Das Poster zum Jahresrückblick 2023 zeigt mögliche Strategien auf, um die Versorgungslücke bei Abhängigkeitserkrankungen zu schliessen.
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